Den Spruch "Andere Länder - andere Sitten" kennt wohl jeder. Aber was oft so locker über die Lippen geht, kann in der Praxis eine Vielzahl von Fallstricken bergen, wenn man unvorbereitet auf Geschäftspartner aus anderen Kulturkreisen trifft. Internationale Geschäfte erfordern neben Offenheit und Toleranz auch Akzeptanz. Die dafür erforderliche interkulturelle Kompetenz lässt sich aber aneignen, um die richtigen Türen zu öffnen, vertrauensvolle Geschäfte aufzubauen und nachhaltige persönliche Kontakte entstehen zu lassen. Obwohl Deutschland und Tschechien direkte Nachbarn sind, gibt es dennoch einige kulturelle Unterschiede, die Sie kennen und beachten sollten. Die nachfolgenden Hinweise erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, umfassen aber einige der wichtigsten Facetten.
Die Kunst der Konversation
In Tschechien stellen Sie sich selbst vor. Dabei sagen Sie: "Dobry den" (Guten Tag) plus Ihren Titel, Vor- und Nachnamen. Vorstellen durch Dritte kommt vor, ist aber nicht die Regel. Zur Verabschiedung gibt es meist wieder einen Handschlag und ein "Na shledanou" (Auf Wiedersehen). Verwenden Sie in Tschechien keine Vornamen; diese sind, genauso wie das Duzen, nur für sehr gute Bekannte reserviert. Die übliche Anrede lautet: "pan" - Herr bzw. "paní" - Frau plus der Nachname. Sie sollten Ihre Geschäftspartner auch mit deren Titel ansprechen. Einen Mann mit Doktortitel spricht man beispielsweise mit "Pane doktore" plus Nachname und eine Frau mit dem gleichen Titel als "Pani doktorko" an. Für etwaigen Smalltalk, ganz gleich zu welchem Anlass, bieten sich leichte Themen an. Besonders Sport ist ein beliebtes Thema, vor allem Fußball und Eishockey. Eine eigene aber sehr beliebte Disziplin beim Smalltalk zu Sportthemen sind tschechische Sportler in Deutschland. Wenn man sich hier nicht gut auskennt, kann dieses Thema natürlich auch durch ein anderes ersetzt werden. Alternativ kommt eine Nachfrage aus aufrichtigem Interesse beim Gegenüber auch gut an. Dies gilt grundsätzlich ganz unabhängig vom Gesprächsthema. Im Übrigen wird diese Aufrichtigkeit feinfühliger wahrgenommen als evtl. in anderen Kulturen. Nicht minder beliebt sind zudem Gespräche über technische Innovationen und deren Vor- und Nachteile, wie z. B. Elektromobilität und erneuerbare Energien. Allzu politisch sollten die Gespräche jedoch nicht werden. Auch ist zu bedenken, dass die Tschechische Republik ein mitteleuropäisches Land ist und nicht als osteuropäisch wahrgenommen werden möchte. Ganz gleich worüber eine Unterhaltung geführt wird, Freude an der Unterhaltung darf gerne gezeigt werden. Ob Smalltalk oder Geschäftsverhandlung, bei der Wahl der Geschäftssprache bedarf es etwas Sensibilität und Verständnis. Zwar befindet sich die englische Sprache als Zweitsprache auf beiden Seiten der Grenze besonders bei den jüngeren Generationen auf dem Vormarsch, pauschal als Geschäftssprache kann sie aber nicht vorausgesetzt werden. Dies schließt die eigenen Sprachkenntnisse mit ein. Der Versuch, die jeweils fremde Landessprache zu sprechen, auch wenn es nur rudimentär ist, sollte immer als wertschätzende Geste gewertet werden. Positive Resonanz wird man auch auf bescheidene Komplimente und Lob ernten oder wenn man mit gutem Humor zur Auflockerung der Atmosphäre beiträgt; hier können die eigenen mit Humor getragenen, grundständigen Sprachkenntnisse als selbstironisches Sprungbrett dienen. Egal welche Sprache sich als Verhandlungssprache durchsetzt, achten Sie darauf, langsam und deutlich zu sprechen. Sollten die Sprachkenntnisse der Verhandlungssprache bei einer Gesprächsseite nicht ganz sicher vorliegen, empfiehlt sich die Inanspruchnahme der Leistungen sprachkundiger Dritter oder Dolmetscher.
Gegenseitiges Verständnis ist die Basis für erfolgreiche Projekte
Ist der erste Kontakt hergestellt, beginnt in der Regel die tiefere Projektphase bzw. der nächste engere Verhandlungsschritt. Hierbei gibt es einige Kleinigkeiten zu beachten, die in der Zusammenarbeit mit bilateralen Partnern schnell zu Irritationen führen können. In Tschechien denkt und handelt man im beruflichen Umfeld sehr hierarchisch, wobei neben der reinen Funktion im Unternehmen dem Alter und der Erfahrung eine nochmal höhere Bedeutung zukommt, als auf deutscher Seite. Junge Manager werden nicht immer direkt ernst genommen, dies kann besonders von jungen deutschen Unternehmen fehlinterpretiert werden. Sehr ähnlich wie in Deutschland gilt: Wer keinen schlechten Eindruck hinterlassen will, kommt besser pünktlich zu vereinbarten Terminen und schaltet unbedingt sein Smartphone stumm. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Deutsche und Tschechen Zeit sehr unterschiedlich wahrnehmen. In der tschechischen Kultur werden Zeitdimensionen anders wahrgenommen als im deutschen Kulturraum. So werden etwa Aufgaben, die im Deutschen eher nach einander bearbeitet werden, direkt parallel bearbeitet. Die tschechische Kultur ist im Gegensatz zur deutschen eindeutig kurzfristig orientiert. Umso größer ist die Priorität der aktuellen Situation und direkt anstehenden Aufgaben. Für Tschechien ist seit jeher ein hoher Improvisationsgrad prägend. Strikte Pläne werden tendenziell eher abgelehnt, Normen und Gesetze kritisch gesehen, manchmal auch umgangen. Diese Fähigkeit zur Improvisation, sich in schwierigen Situationen zurechtzufinden, auch wenn die Dinge nicht nach Plan laufen, kann einen sehr wertvollen Gewinn für die gemeinsame Projektarbeit darstellen. In Tschechien pflegt man eine eher indirekte Kommunikationskultur. Das berühmte "zwischen den Zeilen lesen" ist eine wichtige Fähigkeit, die auch deutsche Partner eines Projektes dringend benötigen. Konstruktive Kritik sollte ebenfalls nicht direkt geäußert werden. Bei Verhandlungen ist diese indirekte Kommunikation ebenfalls angezeigt. Solch eine Verhandlung erfordert eine wenig rhetorisches Geschick und eine vorausschauende Zeitplanung, da diese Form der Kommunikation etwas zeitintensiver ist.