Das Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen - kurz Nachweisgesetz - hatte in der Praxis bislang wenig Bedeutung.
Gemäß § 2 Absatz 1
Nachweisgesetz sind spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Es werden explizit Regelungspunkte genannt, die verpflichtend niedergeschrieben werden müssen.
In der Praxis werden diese Vorgaben meist in den Arbeitsverträgen umgesetzt. Fehler in der Umsetzung hatten bislang keine Konsequenzen, denn das Gesetz sah kein Bußgeld vor.
Das ändert sich nun zum 1. August 2022.
Mit den vom Bundestag am 23. Juni 2022 beschlossenen Änderungen kann zukünftig bei Verstößen gegen die Pflicht zur Niederlegung der wesentlichen Vertragsbedingungen und deren Bereitstellung im Arbeitsverhältnis ein Bußgeld verhangen werden.
Zusätzlich müssen ab 1. August 2022 neue Informationen schriftlich ausgehändigt werden:
- bei befristeten Arbeitsverhältnissen: alternativ zur vorhersehbaren Dauer des Arbeitsverhältnisses das Enddatum des Arbeitsverhältnisses,
- gegebenenfalls, ob der Arbeitnehmer seinen Arbeitsort frei wählen kann,
- sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit,
- ergänzend zur Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts ist die Vergütung von Überstunden aufzuführen. Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgelts sind zukünftig vom Arbeitsentgelt getrennt anzugeben. Neben der Fälligkeit ist auch die Art der Auszahlung anzugeben.
- Zusätzlich zur Arbeitszeit sind vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen anzugeben.
- sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- sin etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
- Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
Bei der Arbeit auf Abruf nach § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes muss neu angegeben werden:
- dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
- die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
- der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
- die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitteilt.
Die von den Arbeitsparteien gewünschte Flexibilisierung der Lage der Arbeitszeiten wird damit eingeschränkt. Unklar bleibt die Begriffsbestimmung von Referenztagen und Referenzstunden.
Dem Arbeitnehmer ist die Niederschrift mit den Angaben zu Namen und Anschrift der Vertragsparteien, die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts, Überstunden und sonstigen Vergütungsbestandteilen und der vereinbarten Arbeitszeit mit Ruhepausen und Ruhezeiten, spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen; die Niederschrift mit den meisten übrigen wesentlichen Angaben spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Niederschrift den Angaben nach
§ 2 Absatz 1 Satz 2 Nr. 11 bis 15 Nachweisgesetz spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.
Eine gesetzgeberische Intention für die zeitliche Staffelung lässt die Gesetzesbegründung nicht erkennen. In der Praxis wird dies dazu führen, dass sämtliche Informationsplichten schon am ersten Tag mit Übergabe des Arbeitsvertrages erfüllt werden.
Zwar müssen bestehende Arbeitsverträge nicht nachträglich an die neuen Informationspflichten angepasst werden. Hat das Arbeitsverhältnis aber bereits vor dem 1. August 2022 bestanden, so ist dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber die Niederschrift mit den wesentlichen Vertragsangaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 10 Nachweisgesetz auszuhändigen; die Niederschrift mit den übrigen Angaben ist spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.
Weitere Informationspflichten sind bei der Entsendung von Arbeitnehmern und in der Arbeitnehmerüberlassung zu erfüllen. Auch das Berufsbildungsgesetz wird hinsichtlich der Pflichtangaben ergänzt.
Unternehmen ist mit Blick auf die knappe Umsetzungsfrist dringend zu empfehlen, zeitnah den Anpassungsbedarf für ab August neu abzuschließende Arbeitsverträge zu prüfen.
Veranstaltungstipp: Die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht Frank Martin Thomsen und Karsten Matthieß aus der Kanzlei Battke Grünberg PartGmbB, Dresden werden Sie in unserem informieren, worüber und wie schnell Sie ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zukünftig unterrichten müssen und wie sie dies am geschicktesten tun können. Sie werden sie auch über die Neuregelungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz unterrichten, die mit eingeführt werden.